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Die Wissenschaft unterscheidet zwischen drei Typen des Headshaker Pferdes

1. Der photische Headshaker

Was bei unseren Pferden als photisches Headshaking bezeichnet wird, wird beim Menschen als Photic Sneeze Reflex (photischer Nies-Reflex) bezeichnet. Die laufende Forschung an Pferden basiert auf der laufenden Forschung am Menschen.

Der photische (altgriechisch phōtos = Licht) Niesreflex beschreibt das Phänomen, dass manche Menschen niesen müssen, wenn sie plötzlicher Helligkeit ausgesetzt sind (z. B. Sonnenlicht). Die med. anerkannte Bezeichnung lautet: ACHOO-Syndrom (Autosomal Dominant Compelling Helio-Ophthalmic Outbursts of Sneezing). Eine klinische Diagnose für das ACHOO-Syndrom gibt es bis heute nicht. 

Dr. J. E. Madigan untersuchte dieses Syndrom bereits Ende der 90iger Jahre, Headshaking schien bei etwa 60 % der untersuchten Pferde lichtstimuliert zu sein (Madigen 1998 Nov;(27):28-9.)  Studie

Es existieren mehrere Theorien, die wahrscheinlichste Ursache ist eine angeborene Fehlfunktion der Nervensignale im Trigeminusnervenkern. Der fünfte Hirnnerv, Trigeminusnerv genannt, ist anscheinend für das Niesen verantwortlich. So bei ACHOO-Syndrom-Patienten. Wird der Sehnerv durch Lichteinfluss gereizt, reagiert auch der Trigeminus Nerv und löst den Niesreflex aus. Auch der schnelle Wechsel von Hell und Dunkel führt bei Betroffenen zum Niesreflex. Die Vermutung ist, dass Nervenimpulse im Sehnerv eine Sympathikusentladung in den Trigeminusfasern hervorrufen. die das Niesen erzeugt. Wie beim Menschen auch, kann ein Sonnenschutz (Maske für Pferde) nur bei einer schwach ausgeprägten Form helfen.

Eine zweite Theorie beinhaltet die gleichzeitige Aktivierung benachbarter parasympathischer Äste. Auch in diesem Fall kommt es durch den Reiz auf die Netzhaut zu einer Tränenbildung, die zu einer Verstopfung der Nase und einem „Rieselgefühl“ führt.

Ein drittes Szenario postuliert eine allgemeinere Überempfindlichkeit des parasympathischen Systems und könnte mit dem emotionalen Zustand des Subjekts in Verbindung gebracht werden.

Die vierte Theorie verbindet die Stimulation des intraorbitalen Trigeminusnervs mit einer erhöhten Lichtempfindlichkeit der Augen; dies würde das photische Niesen in Fällen von nephropathischer Cystinose erklären. Diese Theorien werden ausführlich idiskutiert, hier zu finden: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/?term=photic%20sneeze%20reflex

 

2. Der saisonale Headshaker

Ein sich jedes Jahr wiederholendes, ausgeprägtes saisonales Muster ist zu beobachten: Das Headshaking beginnt im Frühjahr, für die westliche Hemisphäre hauptsächlich März/April oder später im Mai/Juni, wenn die Sonneneinstrahlung intensiver wird, Tage und Nächte wärmer sind als im kalten Herbst und Wintermonate.

Die Symptome verschlimmern sich im Laufe des Sommers und verschwinden im Herbst, wenn das Sonnenlicht weniger intensiv ist und die Temperaturen tagsüber und nachts sinken. Solche Pferde sind über den Winter oft völlig beschwerdefrei, einige andere zeigen an hellen Sonnentagen gelegentlich ein „Nicken“. (Madigan et al., 1995).
Untersuchungen haben ergeben, daß Melatonin (und Serotonin), ein Hormon, das im Gehirn produziert wird, bei einigen HS-Pferden im Frühling und Sommer eine Schlüsselrolle spielt.

Melatonin reguliert den Tag und die Nacht des Körpers sowie jahreszeitliche Veränderungen. Eine ungewöhnliche Abnahme der Melatoninproduktion bei diesen Pferden führt dazu, daß Äste der Trigeminusnerven durch helles Sonnenlicht überstimuliert werden. Headshaking schien bei etwa 60 % der untersuchten Pferde lichtstimuliert zu sein.
Melatonin oder 5-Methoxy-N-acetyltryptamin ist ein Hormon, das von Pinealozyten in der Zirbeldrüse produziert wird, die sich im Zentrum des Gehirns befindet. Es ist ein Derivat der Aminosäure Tryptophan. Melatonin hilft, den Schlaf-Wach- oder circadianen Rhythmus zu regulieren. Normalerweise wird die Produktion von Melatonin durch die Zirbeldrüse durch Dunkelheit stimuliert und durch Licht gehemmt. Melatonin als Zusatzfutter scheint einen gewissen Effekt gegen Schlaflosigkeit, aber keinen großen Einfluß auf die Neuralgie zu haben. 
Melatonin produziert eine Substanz namens Arginine Vasotocin. Diese Substanz hat eine hemmende Wirkung auf das Körperkortisol, das wichtigste Stresshormon, das von den Nebennieren produziert wird.  (Madigen 1998 Nov;(27):28-9.) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10485000

Es wurden einige Fälle beobachtet, bei denen das Problem im Herbst auftritt und im Winter plötzlich verschwindet. Es wird vermutet, dass sich langsam ein saisonales Problem zu einem ganzjährigen Problem entwickelt (Mair und Lane, 1993).
In anderen Fällen treten Allergien gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzen des saisonalen Headshaking auf. Es scheint eine sehr starke Verbindung zu geben, wenn man sich auf die Berichte vieler Pferdebesitzer und Tierärzte bezieht, in denen Allergiesymptome erfolgreich behandelt wurden, was letztendlich bei einige Pferden dazu führte, daß das Headshaking ebenfalls aufhörte.
Lane & Mair (1987, 1993) berichteten, daß allergische Rhinitis eine zugrunde liegende Ursache für HS ist, mit noch stärkeren Symptomen an hellen, sonnigen Tagen, genau den gleichen Merkmalen, wie sie beim Menschen beobachtet werden.

3. Der idiopathische Headshaker

Vorweg sei betont, daß Auslöser und Ursache zwei grundverschiedene Aspekte darstellen!! Das wird gerne vermischt.

Idiopathisch bedeutet, daß eine körperliche Ursache nicht identifiziert werden konnte. Zu dieser Gruppe gehören alle Headshaker, die nicht unter seasonalem oder photischem Headshaking leiden und bei denen keine physischen Ursachen gefunden wurden. 
Beispiel der Auslöser für idiopathisches Headshaking: Wind, Regentropfen, Schneeflocken, Allergien, Insektizide, Pestizide, Kälte, Wärme, Medikamente, Futterveränderungen, schlechte Haltung, Herdenprobleme, Besitzerwechsel, Verlust eines Kameraden können Attacken auslösen.

Hier liegt eine nicht körperliche, sondern psychische Ursache vor: der Stress, den ein Tier erfährt
Zu diesem Typ werden auch Pferde gezählt, die an symptomatischem Headshaking als Folge einer Primärerkrankung oder sonstigen körperlichen Veränderung, zB durch Unfall, Beritt, etc leiden.
Um die Sache noch komplizierter zu machen: körperliche Leiden oder Ursachen führen oftmals zu psychischer Belastung, wie beim Menschen auch, ohne daß eine Primärerkrankung in direkter Verbindung steht, zB durch eine Kieferzyste/verletzter T-Nerv Ast. Allein die Belastung durch den Schmerz kann ein Auslöser für das Headshaking sein.

Auf manchen Websites kann man vom echten oder nicht echten oder auch vom stereotypischen Headshaker lesen. Die erstgenannte Differenzierung ist nicht relevant, es gibt keine "echten" oder "unechten" Headshaker. Der sog. stereotypische Headshaker kann ein idiopathischer Headshaker sein oder auch werden. Tierärztliche Untersuchungen sollten das klären. Ein Pferd, das aufgrund von hoher Stressbelastung mit dem Shaken begann, denn hier liegt eine psychische oder auch physische Ursache vor, eine Stereotypie. Eine solche psychomotorische Verhaltensauffälligkeit kommt vor, wenn Tiere zum Beispiel in ihrem natürlichen Bewegungsdrang beeinträchtigt werden, man denke an den hin und her, auf und ab wandernden Tiger im Käfig.

Symptomatisches Headshaking mag in Deutschland des einfachen Verständnis wegen als eine für sich stehende Gruppe kategorisiert werden, international wird es jedoch dem idiopathischen Headshaking zugeordnet. Der Grund ist, dass 99% der symptomatisch begonnenden Fälle auch nach Ausheilung der primären Erkrankung weiterhin shaken.

 

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