Medikamente und andere Optionen in der Behandlung von Headshaking
Teil 1 - Medikamente, Eingriffe, Hilfsmittel & Homöopathie
Inhalt
Cyproheptadin
In einer Studie der Klinik für Wiederkäuer-und
Pferdemedizin der Universität Zürich wurden
zweiundzwanzig Pferde untersucht, die zwischen Januar 1996 und Dezember 1997 mit lichtinduziertem Headshaking vorgestellt wurden.
Die klinische Symptomatik des Headshaking wurde bei Sonnenschein, bei trübem Wetter und bei Dunkelheit, jeweils beim Reiten und im Stall beurteilt, um den Einfluss des Sonnenlichtes auf die Symptomatik zu erfassen.
Im Rahmen der klinischen Untersuchung wurden Hautsensibilität, die Funktion aller Gehirnnerven, Zähne, Augen und Ohren untersucht. Die Untersuchung der Atemwege umfasste eine Endoskopie der Nasengänge, der Luftsäcke, des Pharynx und der Trachea.
Weiterhin wurden eine hämatologische und eine blutchemische Untersuchung durchgeführt. Geröntgt wurden Sinus, Zahnwurzeln und das Genick.
Die Diagnose des lichtinduzierten Headshaking wurde gestellt, wenn die klinische Symptomatik bei Sonneneinstrahlung graduell stärker war als bei trübem Wetter oder während der Dunkelheit und wenn kein weiterer krankhafter Befund vorlag, der das Headshaking erklären konnte.
Am deutlichsten manifestierte sich das Headshaking während des Reitens bei direkter Sonneneinstrahlung. Hier zeigten alle Pferde mittel-bis hochgradiges Headshaking. Im Gegensatz dazu war während des Reitens in der Halle nur noch eine geringgradige Symptomatik feststellbar. Dieser Unterschied war hochsignifikant.
Alle zweiundzwanzig Pferde wurden zweimal täglich mit Cyproheptadin (1, 5 %) per os behandelt. Die Behandlung führte zu einer statistisch hochsignifikanten Verbesserung der Symptomatik während des Reitens im Freien bei Sonnenschein. Auch während des Reitens in der Halle wurde eine Besserung der Symptomatik erreicht, wobei dieser Unterschied jedoch nicht signifikant war. Insgesamt konnte im Laufe der Cyproheptadin Therapie bei vierzehn Pferden eine graduelle Besserung des Headshakings beobachtet werden, wobei Pferde mit gering-bis mittelgradiger Symptomatik im Verhältnis besser auf die Behandlung ansprachen.
Nebenwirkungen traten in Form von Apathie, gering-bis mittelgradiger Kolik und Inappetenz auf. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Cyproheptadin ein geeignetes Medikament zur Behandlung des lichtinduzierten Headshaking ist. Der Pferdebesitzer muss jedoch auf die möglicherweise zu erwartenden Nebenwirkungen aufmerksam gemacht werden.
Praktischer Tierarzt 83: 4, 351 (2002) © Schlütersche GmbH & Co. KG, Verlag und Druckerei
1. Cyproheptadin - eine 20 Jahres-Bilanz aus meiner Praxis - Jan 2021
Seit der oben rezitierten Studie, eine von vielen, sind nun 20 Jahre
verstrichen, Zeit eine Bilanz zu ziehen. Laut Berichten unzähliger
Pferdebesitzer aus aller Welt ist es von keinem Nutzen diese
Anabolika einzusetzen. Es wirkt sich eher negativ auf das
Pferdesystem aus, nicht nur aufgrund der Nebenwirkungen, die mir
im Laufe der Jahre berichtet wurden:
- Apathie,
- Unruhe,
- hohe Reizbarkeit,
- Sehstörungen,
- Schwindelanfälle und Bewegungs-/Koordinationsstörungen,
- Störungen des Magen-Darm Traktes (Fressverhaltensstörungen, Koliken),
- Harn-Rückhaltung,
- Muskelzuckungen bis hin zu Krämpfen,
- Atemdepressionen uvm.
- Eine Besitzerin berichtete von Ataxie ähnlichen Symptomen.
Das stufenweise Absetzen des Medikamentes erweist sich als
schwierig, da vermehrt Headshaking Symptome auftreten, die
Besitzer daraufhin geneigt sind, nicht den Anweisungen des
behandelnden Tierarztes zu folgen. Ein radikales Absetzen ruft
dramatische Störungen des hervor. Hier sei ein weiteres Mal daran
erinnert, dass das Medikament keine Heilung anstrebt, sondern eine
Unterdrückung Eine Entgiftung nach vollständigem Absetzen des
Medikamentes ist vonnöten.
Fazit: wenn der Besitzer sich der
Gefahren bewusst ist, weiterhin Turniere mit einem kranken Tier
bestreiten will, ist es wohl die einzige Möglichkeit für
Headshaker, die schulmedizinisch austherapiert wurden. Für
Besitzer, die das Pferd heilen wollen, stellt diese Behandlung
keine Option dar. Trotz der seit vielen Jahren währenden Aufklärungsarbeit ist es immer noch
erstaunlich, wie wenig Tierärzte in Europa über den Einsatz dieses
Medikament wirklich wissen (wollen) und sich auf diverse Studien verlassen,
die längst überholt sind. Es sei Tierärzten ans Herz gelegt, sich
einmal intensiver mit der Materie Headshaking zu beschäftigen, bevor dem
Klienten das Medikament in die Hand gedrückt wird, mit den Worten,
versuchen wir es mal hiermit, alles andere hilft ja nicht mehr!
Sollte der Zeitaufwand dieses nicht zulassen, ist es immer noch
sinnvoller für die Gesundheit des Tieres, den Fall einem auf Headshaking
spezialisierten Tierarzt oder Therapeuten zu übertragen. Dem
Besitzer rate ich eindringlich, sich vor jeglicher Behandlung als
Leser in Foren zu begeben, die eine gute Reputation aufweisen und
Berichte "Cyproheptadin-Erfahrener" durchzulesen.
Steroide
Steroidale Entzündungshemmer werden oft bei Headshaking mit Allergien eingesetzt. Sie können systemisch (intravenöse oder intramuskuläre Injektion), oral (z. B. „Preddy Granules“) oder durch Aerosol-Inhalation (z. B. Beclomethason) verabreicht werden. Steroide beeinflussen mehrere physiologische Prozesse im Körper, was wiederum dazu beitragen kann, die Symptome des Headshaking zu reduzieren. Sie reduzieren die Histaminfreisetzung aus Mastzellen, verursachen eine Verengung der Blutgefäße und verringern die Immunantwort auf Allergene und Infektionen. Sie reduzieren daher die Entzündung, die mit allergischem Headshaking verbunden ist.
Quelle: Annabel Ensor. BVSc.
Dexamethason
unterdrückt Entzündungen und eine normale Immunantwort und wird systemisch und lokal zur Behandlung von chronisch entzündlichen Erkrankungen, schweren Allergien und anderen Erkrankungen eingesetzt.
Dexamethason gehört zur Hormonklasse der Glukokortikoide. Dies bedeutet, daß es sich um Steroide handelt, aber im Gegensatz zu den anabolen Steroiden, von denen wir in der Sportmedizin hören,
handelt es sich um „katabole“ Steroide. Anstatt den Körper aufzubauen, sollen sie gespeicherte Ressourcen (Fette, Zucker und Proteine) abbauen, damit sie in Zeiten von Stress als Brennstoff verwendet werden können.
Kortison wäre ein Beispiel für ein verwandtes Hormon, mit dem die meisten Menschen vertraut sind. Glucocorticoid-Hormone
(körpereigenes Kortisol) werden auf natürliche Weise von den Nebennieren produziert.
Immunsuppression (Behandlung von Erkrankungen, bei denen das Immunsystem destruktiv hyperaktiv ist).
Höhere Dosen sind erforderlich, um das Immunsystem tatsächlich zu unterdrücken.
Viele Pferdebesitzer haben dieses Medikament ausprobiert, aber ohne Ergebnisse,
zum anderen steigert sich das Ausmaß des Shakings nach Absetzen
des Medikaments.
Carbamzepin
ist ein weiteres Medikament, das verabreicht wird, um die mit der Trigeminusneuralgie verbundenen Schmerzen zu lindern. Carbamzepin
ist ein Antiepileptikum und wird auch als Stimmungsstabilisator bei depressiven Kindern eingesetzt, beispielsweise zur Behandlung von Anorexie.
Einige Pferdebesitzer, die später mit ihren Pferden in meine
Praxis kamen, haben das Medikament drei Monate lang mit guten Ergebnissen ausprobiert, andere hatten nur kurz anhaltende Ergebnisse. Insgesamt ist das Feedback eher negativ. Koliken wurden bei voller Dosierung und niedrigeren Dosierungen berichtet.
Vor und während der Anwendung dieses Medikaments sollten Bluttests
vorgenommen werden, es besteht ein hohes Risiko für Leberschäden!
Es ist kein Heilmittel, es ist ein Schmerzmittel! Das Pferd beginnt wieder mit dem Kopfschütteln, sobald das Medikament abgesetzt wird
Melatonin
Melatonin ist ein Sekret, das in der Zirbeldrüse aus dem Neurotransmitter Serotonin produziert wird. Melatonin ist das primäre endokrine Signal im Pferd, das die Auswirkungen der Jahreszeit im Körpersystem hervorruft, z.B. den Fortpflanzungszyklus. Der zirkulierende Melatoninspiegel ist stark lichtabhängig, seine Konzentration steigt in Zeiten der Dunkelheit (Nacht).
Saisonale Headshaker (Frühjahrsbeginn) können mit Melatonin behandelt werden. Die tägliche Verabreichung von Melatonin ahmt die Winterbedingungen der Melatoninkinetik nach und kann dadurch die saisonalen Körperveränderungen verringern, die zur Entwicklung von Headshaking führen. Untersuchungen haben ergeben, daß das Zirbeldrüsenhormon Melatonin bei saisonalen Headshakern niedrig ist. Darüber hinaus fanden mehrere Studien heraus, daß die Verabreichung von Melatonin die Schmerzen linderte und in einigen Fällen das Wiederauftreten verringerte. Es wird vermutet, daß Melatonin eine wichtige therapeutische Rolle bei der Behandlung von Headshakern kann. Aktuelle Forschungsergebnisse unterstützen die Hypothese, daß saisonales Headshaking eine Reaktion auf eine zirkadiane Unregelmäßigkeit der Zirbeldrüse ist, bei der die Verabreichung von Melatonin diesen zirkadianen Zyklus normalisiert; Das heißt, Melatonin kann eine Rolle bei der Resynchronisierung biologischer Rhythmen spielen und anschließend die schmerzhaften Symptome lindern. Darüber hinaus ergaben Forschungstests, daß Melatonin nur wenige oder keine Nebenwirkungen aufweist. Es ist jedoch eine größere, randomisierte Kontrollstudie erforderlich, um endgültig festzustellen, ob die Verabreichung von Melatonin wirksam ist. Mögliche Nebenwirkungen: bei Verabreichung an Tiere kann Melatonin den Blutdruck erhöhen und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.